Die winterliche Boddenangelei genießt einen sehr guten Ruf. Entsprechend groß waren die Erwartungen fette Winterhechte mit großen Ködern aus dem Bodden zu ziehen, als wir am 07. Dezember auf die
riesige Wasserfläche blickten. Letztlich hieß es aber rien ne va plus - nichts geht mehr. Warum wir uns geschlagen geben mussten lest ihr im folgenden Bericht.
Cold as Ice
Auf kalte Temperaturen waren wir im Vorfeld eingestellt. Dennoch ist der erste Tag zur Akklimatisierung notwendig. Am Morgen erwarteten uns Temperaturen unter dem Gefrierpunkt. Zudem war ein
relativ starker Südwestwind für den Tag vorausgesagt. Wir schlossen uns den wenigen anderen Booten an und zogen uns in einen durch das Land geschützten Hals des Bodden zurück. Die Prognosen für
die Folgetage waren nicht unbedingt rosig. Für den dritten und vierten Tag waren Winde bis BFT 8 angesagt. Sollte sich dies bewahrheiten, hieße das nicht ausfahren zu können. Generell schienen
die Bedingungen nicht die Besten zu sein. Andere Angler hatten es die Tage zuvor sehr schwer und auch die Guidinggäste konnten nichts Gutes berichten. Vereinzelt nahmen Boote den Weg von Barhöft
zum Rassower Strom im nördlichen Teil Rügens auf sich, um doch noch Fisch zu finden. Mit mäßigem Erfolg. So War auch der erste Tag für uns kein Erfolg. Nicht ein Kontakt/Biss zuckte in die kalten
und klammen Hände. Auch dem Nachbarboot mit Damian und Robert erging es ähnlich. Die beiden erhielten dennoch Respekt; warfen sie doch tapfer den ganzen Tag bei starkem Rückenwind ihre
Hechtstreamer mit der Fliegenrute in den Bodden.
Erstkontakt im Brassenpool
Am zweiten Tag konnten wir zu dritt durchstarten. Phil aus Hamburg verstärkte das Boot. Die Dankbarkeit erstreckte sich insbesondere darauf einen Mann mehr zu haben, der den nassen und kalten
Driftsack zurück in das Boot holen durfte - eine undankbare Aufgabe bei diesen Bedingungen. Da der Wind etwas nachgelassen hatte, nahmen wir uns vor den offenen Kubitzer Bodden aufzusuchen.
Schnell stellten wir fest, dass im Gegensatz zum Vortag jede Menge Wasser aus dem Bodden gelaufen war. Entlang der Fahrrinne lagen die sonst überschwemmten Bereiche völlig trocken. Ein gleiches
Bild zeigte sich auf dem Kartenplotter. Die Normaltiefe wurde in vielen Bereichen um mehr als 40cm unterschritten. Wir drifteten verschiedene Bereiche mit typischen Strukturen - Kanten &
Pools - ab. Direkt zu Beginn erwischten wir eine aktive Phase. Innerhalb von 10 Minuten konnte Phil einen 80er landen. Matthias hatte einen 70er Nachläufer und mein Köder wurde bis vors Boot von
einem starken Hecht - wir schätzen ihn auf Mitte 90 bis ü100 - verfolgt, jedoch nicht genommen. Wir beschlossen in diesem Bereich für den Rest des Tages zu verbleiben. Leider setzte sich die
Serie der Kontakte nicht fort. Wir konnten bis zum Tagesende insgesamt 6 Hechte "einsammeln". Sehr auffallend war die Passivität der Fische. Die Bisse waren als solche kaum wahrnehmbar. Meist
schoben sich die Burschen einfach nur über den Köder ohne dabei abzudrehen oder den Köder deutlich zu beschleunigen. Die Bedingungen waren eindeutig nicht optimal. Neben erwähntem Hechtkontakt
hatten wir immer wieder undefinierbare Anstupser an den Ködern. Nach einiger Zeit stellte sich heraus, dass unser Spot ein Winterlager der Brassen ist. Durch versehentliches Haken konnte ich das
Tagesergebnis um zwei Brassen erhöhen. Der Breamhunter war geboren.
Tag drei wie Tag zwei
Sechs Fische und dazu keine großen ist nicht doll. Aber im Vergleich zu den Ergebnissen auf anderen Booten verhältnismäßig gut. So beschlossen wir die gleiche Strategie wie am Tag zuvor zu
wählen. Wir fuhren unseren Brassenpool an. Es ergab sich das gleiche Bild wie am Tag zuvor. Zaghafte Bisse, Schnurschwimmer von Brassen und ein Tagesgesamtergebnis von vier gelandeten Hechten. In
Anbetracht der Lage mussten wir damit zufrieden sein. Das Angeln war durch das fehlende Wasser nicht einfach. Hinzu kamen eine starke Trübung und viel abgestorbenes Kraut. Somit mussten wir, was
das Bootsangeln angeht, einen Schlussstrich ziehen, denn für den nächsten Tag waren Windstärken bis 8 vorhergesagt und dieses Risiko wollten wir nicht eingehen.
Bodden quo vadis?
Zwar konnten wir Fische fangen aber die eigenen Impressionen und der Abgleich mit den Berichten von Kollegen und Guidinggästen ließen ein schlechtes Bild von der derzeitigen Situation im Bodden
entstehen. Vereinzelt wird immer wieder von guten Ausnahmefischen berichtet. In der Gesamtbetrachtung scheint der Bodden dieses Jahr aber mehr als schwierig zu sein. Alteingesessene Guides
berichten vom schlechtesten Hechtjahr, das sie jemals hatten. Wir erfuhren von zwei unterschiedlichen Gästen eines Guidings, dass auf beiden Booten mit je vier Anglern zwei Tage in Folge
geschneidert wurde, obwohl sich die Guides alle Mühe gaben und auch längere Wege in Kauf nahmen. Ob es nun an übermäßigem Angeldruck, der Fischentnahme durch die gewerbliche Fischerei oder aber
den Umweltbedingungen liegt, lässt sich nicht abschließend sagen. Es verdichtet sich aber das Bild, dass der Bodden zwar ein gutes Revier ist, aber nicht den Erwartungen standhalten kann, die
durch Berichte und Fangfotos geweckt werden. Fakt ist aber auch, dass die Gegend von einer ungeheuren Vielfalt und einer atemberaubenden Natur profitiert. Das Bild eines neben dem Boot
aufsteigenden Adlers beispielsweise wird noch lange in Erinnerung bleiben.
Tough Mudder "RÜGENSTYLE"
Die Großwetterlage ließ am vierten Tag keine Bootsangelei zu. Auch die Guides sagten ihre Touren auf Grund des schlechten Wetters ab. So nahmen wir uns vor frühzeitig abzureisen. Nicht ohne
jedoch einen letzten verzweifelten Versuch beim Watangeln zu starten. Da der Wind im Vorfeld angekündigt war, haben wir unsere Watsachen mit dabei gehabt. Rügen gilt durch seine Flachwasserzonen
und Rinnen in Wurfweite als hervorragendes Watrevier. Als Ass im Ärmel konnten wir auf Marcel alias "Wallace" zurückgreifen. Marcel wohnt seit einiger Zeit auf Rügen und bot an mit uns an
aussichtsreiche Spots zu fahren. Seit seiner Ankunft auf Rügen hat er die Insel zu Fuß und mit dem Boot erkundet und kann so eine hervorragende Ortskenntnis vorweisen. Dachten wir jedenfalls.
Nachdem uns Marcel mit Kaffee und Tee versorgt hatte, sprachen wir über die Vorgehensweise. Er empfahl einen windeschützten Spot, den er im Sommer bereits vom Boot erfolgreich beangelt hatte.
Neben vielversprechender Strukturen war die Stelle auch nicht weit entfernt. So malten wir uns bereits einen glorreichen Watangel-Abschluss in unseren Köpfen aus. Voller Motivation fuhren wir zu
viert an den Spot und rödelten uns auf. Auch hier fehlte deutlich Wasser. Bestimmt 1Meter. das machte sich zunächst dadurch bemerkbar dass die Kollegen reihenweise abgerisssene Blech- und
Gummiköder einsammelten. Ich wollte die Gunst nutzen und als erster an die heiße Rinne vorpreschen, um den ersten Hecht zu fangen. Ich kam genau zehn Meter weit. Dann steckte ich nämlich mit
beiden Beinen bis zum Knie im Schlick und konnte mich nicht mehr bewegen. Wie ein Haufen Elend lag ich im Matsch. Matthias konnte mir die ausgestreckte Rute abnehmen. Marcel, der mir zu Hilfe
eilen wollte fand sich wenige Momente später ebenfalls im Morast wieder - ein Bild für die Götter! Ich schaffte es meine Füße aus dem Schlick zu ziehen, musste dann aber noch mit bloßen Händen
meine Watstiefel wieder frei buddeln. Bei 1,5° Außentemperatur nicht sehr angenehm. Zudem saute ich mich dabei völlig ein. Nach zehn Minuten gelangen Marcel und mir der Befreiungsschlag. Auch
Phil fand sich an anderer Stelle schnell im Schlamm wieder, als er versuchte zur Rinne zu gelangen. So fand auch der letzte Anlauf doch noch einen schönen Fisch zu erwischen ein schnelles Ende.
Die Bedingungen wollten einfach nicht mitspielen. Marcel traf keine Schuld, da der Spot bei mehr Wasser durch den verdichteten Grund gut zu beangeln ist. So aber war nichts drin. Den Abschluss
der Reise bildete ein gemeinsames Resumee im McDonalds in Grimmen. Die letzten Tage waren zwar hart, der nächste Trip wird aber wieder Top - ganz bestimmt.
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Mickey Orange (Mittwoch, 01 Februar 2017 07:01)
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